Am Samstag wollten wir (Nancy, Reina und ich) ein weiteres Kinderprogramm auf dem Cerro durchführen. Da wir dafür immer das ganze Material mitnehmen müssen, welches in meiner Wohnung gelagert wird, kamen die beiden zu mir und gemeinsam luden wir alles in ein Taxi und fuhren bis zum Platz Calvario. Während der Fahrt erzählte mir Nancy von ihrem Frust und Ärger weil ihr kürzlich das Handy gestohlen wurde. Sie tat mir echt leid und ich fragte mich, wie es mir wohl gehen würde, wenn mein Smartphone weg wäre.
30 Minuten später sollte ich es wissen…
Beim stark belebten Platz Calvario angekommen, mussten wir das Taxi wechseln. Auf den Cerro hochfahren dürfen nämlich nur Taxis der Gesellschaft Cotreso (spezielle Genehmigung und Erfahrung). Beim Einsteigen fiel mir auf wie heruntergekommen das Taxi war und auch der Lackschaden über dem Hinterrad. Die eine Tür liess sich erst gar nicht öffnen, weil die Verriegelung kaputt war. Aber eigentlich ist das normal hier und immerhin fuhr es noch. Oben angekommen, luden wir alles aus und wurden auch schon von ein paar Kindern begrüsst. Gleichzeitig bemerkte ich, dass der Reissverschluss meiner Jackentasche offen und mein Natel weg war! Der Schreck fuhr mir durch alle Glieder! Wie sollten wir denn jetzt mit den Kindern singen? Alle Lieder sind doch dort drauf! …. die Tatsache, dass auch alle Fotos, Kontakte, etc. weg waren, dämmerte mir erst viel später.
Fieberhaft überlegte ich, wo es sein könnte. Gestohlen war eher unwahrscheinlich, weil wir ja nur in den beiden Taxis waren. Viel wahrscheinlicher lag es in einem der beiden Taxis. Und jetzt? Bei der Menge an Taxis wars das dann wohl, wie mir gesagt wurde.
Plötzlich sah ich vor meinem inneren Auge diese eine Schulklasse in Ecuador, wo ich vor 6 Jahren unterrichtete. Mir war, als ob ich sie im Sprechchor den gelernten Vers sagen hörte:„Gott hört, wenn ich zu Ihm rufe.“ (Ps. 4,3) und ich fragte mich:„Regina, glaubst du auch wirklich, was du da den Kindern beibringst?“ Ja, ich glaubte es. Kurz und bündig bat ich den Herrn, mir doch mein Smartphone wieder zu besorgen und war dann gespannt darauf, wie Gott das Unmögliche möglich machen würde.
Vielleicht lag es im 2. Taxi mit dem wir auf den Berg gefahren waren? Ich musste unbedingt wieder in die Stadt runter zum Platz Calvario. Dort war die Haupt-Taxistelle und die Taxis stehen in einer Reihe. Ich musste dieses Taxi finden. Allerdings hatte es auch immer sehr viele Leute, die dort ein Taxi nehmen…
Da weit und breit kein Auto oder Taxi zu sehen war, machten Reina und ich uns zu Fuss auf den Weg nach unten. Es würde eine Weile dauern, aber wir hatten keine Wahl. Während wir gingen, wählte Reina in regelmässigen Abständen meine Nummer und teilte mir dann mit, dass das Natel noch nicht abgestellt wurde und dass dies ein gutes Zeichen sei. Angeblich schalten Diebe die Natels immer gleich komplett aus.
Plötzlich hörten wir ein Auto hinter uns und erkannten den Fahrer. Es war der Vater jener Familie, die oberhalb des Saales wohnte, wo wir das Kinderprogramm machten. Er hatte mitbekommen, was geschehen war und war uns hinterhergefahren, um uns zum Calvario zu bringen. Wir stiegen ein und erklärten ihm, das es ein Taxifahrer war, der mit seiner Frau unterwegs war, die einen grossen weissen Hut auf hatte (in Bolivien ist es nicht unüblich, dass die Frau mit im Taxi ist. Angeblich aus Sicherheitsgründen für die weiblichen Fahrgäste). Wir schauten uns alle entgegenkommenden Taxis genau an und hielten Ausschau nach dem grossen weissen Hut. Nichts. Der Verkehr nahm zu und wir kamen nur noch langsam vorwärts. Na super. Und all die Autos, die einfach am Strassenrand parkieren mussten und zum Stau beitrugen! Mein Blick glitt diesen Autos entlang und blieb plötzlich hängen. Komisch, dieses Auto hatte genau auch so einen Lackschaden wie unser Taxi… und dann machte es auch schon klick! Das war nicht irgendein Auto. Das war das gesuchte Taxi! Ich rief dem Fahrer zu, er solle anhalten und uns rauslassen, was er auch sofort tat. Reina und ich stiegen mitten auf der mehrspurigen Strasse aus und gingen auf das Taxi zu. Vom Fahrer war keine Spur zu sehen. Nur drei Betrunkene waren in der Nähe und grölten. Wir schauten durch die Fenster in das Taxi hinein, konnten aber kein Natel sehen. Plötzlich torkelte einer der Betrunkenen auf uns zu. Echt jetzt? Dafür hatte ich wirklich keine Nerven übrig. Die Zeit reichte gerade noch für ein Stossgebet und dann hörte ich den Mann auch schon lallen: „Was macht ihr hier? Sucht ihr etwas?“ Ich erklärte ihm, dass wir den Taxifahrer suchten und der Mann meinte ohne zu zögern, dass der Fahrer sicherlich in einem der kleinen Comedors beim Essen sei. Ich musste ihn wohl ziemlich ungläubig angeschaut haben, denn er sagte noch: „Ja ja, geh einfach der Strasse entlang. Du wirst ihn schon finden.“ Noch bevor ich irgendwie reagieren konnte, hatte er sich bereits umgedreht und ging wieder zu seinen Kumpels.
Sollte ich nun allen Ernstes auf Anweisung eines Betrunkenen die Strasse entlang gehen und den Taxifahrer suchen? Andererseits hatte ich ja gebetet und warum sollte Gott nicht so jemanden gebrauchen? Also ging ich los und tatsächlich! Keine zwei Minuten später hatte ich den Fahrer gefunden. Schnell erklärte ich ihm die Situation und er kam sofort mit zu seinem Taxi. Beim Gehen äusserte er allerdings, dass er kein Natel im Auto gesehen hatte und das mein Natel wohl definitiv weg wäre. Er schloss sein Taxi auf und ich durfte nachschauen. Kannst du dir meine Erleichterung vorstellen, als ich mein Natel sah?? Es klemmte zwischen Sitz und der kaputten Türe.
Der Taxifahrer staunte auch, dass ich mein Natel wirklich in seinem Auto wieder gefunden hatte. Auch aus dem Grund, weil er in der Zwischenzeit noch andere Fahrgäste hatte. Niemand hatte das Natel bemerkt oder gehört!
Froh und dankbar machten wir uns wieder auf den Weg zum Cerro hoch, wo wir das Kinderprogramm wie geplant abhalten durften; inklusive Singen;-)
Gott hört wirklich, wenn wir zu Ihm rufen!