…ist ein kleines Bergdorf ausserhalb von Cochabamba. Gefühlt mitten im Nirgendwo. Und genau dort „verwandelten“ wir für einen Tag das Klassenzimmer in eine mobile Klinik. Und das kam so:

Die Gemeinde, welche ich sonntags besuche, bekommt jedes Jahr einen kurzen Besuch von einem Arzt aus den USA. Er gibt dann jeweils kostenlos verschiedene Workshops für alle interessierten Medizinstudenten und an einem Tag findet ein medizinischer Einsatz in einem der umliegenden Bergdörfern statt. Durchgeführt wird der Einsatz von einer Gruppe Freiwilliger aus der Gemeinde. Darunter befanden sich dieses Mal 2-3 Ärzte, ein paar Medizinstudenten, 2 Pflegefachpersonen und viele weitere Helfer. Und ganz wichtig: die Übersetzer! Denn ohne Quechua würde man dort nicht weit kommen… und die Besucher aus den USA sprachen ja auch kein Spanisch.

So ein Einsatz war komplettes Neuland für mich und ich hatte nicht die geringste Ahnung, was das wirklich bedeutete. Neugierig wie ich war, liess ich meinen Namen auch auf die Liste der Freiwilligen setzen, und zwar als „Handlanger“. Dafür brauchte man ja wohl kein Vorwissen oder Ahnung von so einem Einsatz zu haben, dachte ich mir. Das werde ich sicher hinbekommen.

Am Donnerstag morgen trafen wir uns dann also vor der Gemeinde, beluden die beiden Minivans mit allerlei Kisten und Säcken und dann ging es auch schon los. Zuerst durch Cochabamba`s Morgenverkehr und dann über eine Schotterpiste in die Hügel hinauf. Nach ca. 2 Stunden hielten wir am Strassenrand an und stiegen aus. Ein kleiner Pfad führte mehrere Meter steil bergauf zu 3 Häusern. Dorthin brachten wir erst einmal alle unsere Sachen und wurden dann von ein paar Frauen begrüsst, welche uns bereits erwarteten.

Wie sich herausstellte, waren die 3 Häuser die 3 Schulzimmer für die Kinder in dieser Region und der Platz in der Mitte war dann wohl der Pausenplatz.

In einem der Schulzimmer richteten wir erst einmal ganz gemütlich die „Klinik“ ein. Das hiess konkret: Die Schreibtische der Kinder kamen bis auf ein paar wenige nach draussen. Die verbliebenen Tische wurden an den Rand geschoben und für ihre jeweilige Funktion eingerichtet, so dass es wie eine Art Rundlauf für die Patienten gab. Am Eingang war als erstes die „Patientenaufnahme“. Dort wurde Name, Vitalzeichen (Blutdruck,Puls und Sauerstoffsättigung) sowie der Hauptgrund/aktuelle Beschwerden für den Arztbesuch notiert. Danach wurden die Leute zu den Medizinstudent geschickt, die die Vorgeschichte aufnahmen und weitere Fragen stellten. Anschliessend wurden sie einem der Ärzte zugewiesen und untersucht. Die nächste Station war dann die „Apotheke“, ein Tisch mit allerlei Medikamenten und Salben, wo sie ihre verordneten Medikamente erhielten. An der letzten Station wurden Lesebrillen abgegeben, sowie Mützen verteilt (Spende einer Frauen-Strick-Gruppe aus Kanada). Auch so etwas ähnliches wie Seelsorge/Gebet wurde dort noch angeboten und rege genutzt, vor allem das Gebet.

Kurz bevor die Klinik schliesslich einsatzbereit war, kam der Pastor auf mich zu und meinte: „Regina, du bist doch Krankenschwester, oder? Könntest Du nicht in der Gruppe der Pflegefachleute an der Patientenaufnahme mithelfen? Wir brauchen noch jemanden weil Whitney übersetzen muss.“ 

Na super! Genau das, was ich mir gewünscht hatte! Leider war Nein sagen keine Option und so  landete ich bei der „Patientenaufnahme“ und nach einer Blitzeinführung kamen dann auch schon die ersten Patienten. Zum Glück sprachen praktisch alle Quechua und ich konnte somit die meisten Fragen einer Übersetzerin Spanisch-Quechua überlassen:-) Blöd war nur, wenn sie gerade mal bei einem anderen Patienten war… mit Händen und Füssen schaffte ich es dann manchmal, wenigstens den Namen herauszubekommen und ev. noch den Blutdruck zu messen. Und sonst hiess es halt einfach warten, aber das schien niemanden zu stören. 

Nebst der Rolle der Pflegefachfrau wurde ich zwischendurch auch noch als Übersetzerin von Spanisch-Englisch eingesetzt. Es ging zu und her wie in einem Wespennest und die Zeit verflog wie im Nu.

Am späten Nachmittag machten wir uns dann wieder auf den Heimweg, aber nicht bevor sich alle nochmals versammelt hatten und der Dorfchef noch eine Dankes-Rede gehalten hatte. 

Ich fragte mich, ob sich dieser 1-Tages-Einsatz wirklich gelohnt hatte? Die meisten Probleme (Schmerzen) waren ja aufgrund der täglichen Arbeit der Leute und einfach Abnutzungserscheinungen. Ok, die Brillen und die verteilten Kappen machten wohl schon einen Unterschied…

Ich musste es einfach wissen und fragte beim Team nach. Die Antwort kam sofort und einstimmig: Ja, es würde sich definitiv lohnen. Die Leute seien dankbar, dass sie nicht in die Stadt hinunter müssen. Auch die verteilten Medikamente (gratis und v.a. Schmerzmittel) würden den Leuten wenigstens für eine kurze Weile Erleichterung bringen. Ausserdem stellte sich bei 2 Patienten in der Untersuchung heraus, dass sie dringend in den Spital gehen müssten wegen hochgradigem Verdacht auf einen Tumor. 

So gesehen hat sich der Tag also nicht nur für mich gelohnt, sondern auch für die Leute von Chaqui Potrero:-)

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