Jucus

Feb. 17, 2024

Gefühlt jeder Besuch auf dem Berg bringt neue Erkenntnisse mit sich;-) 

Ich weiss jetzt ein bisschen besser, was es mit den Jucus auf sich hat und warum alle sagen, sie hätten Angst vor den Jucus und wir sollten aufpassen.

Nichts ahnend beschlossen wir, dass Kinderprogramm auf dem kleinen Spielfeld eines leerstehenden Gebäudes auf dem Berg durchzuführen. Wir gingen extra ein bisschen früher hoch, um das Spielfeld aufzuräumen, oder wenigstens einen Teil des Platzes. Unglaublich, wie viel Abfall herumlag, insbesondere um dieses Haus herum.

Als wir fertig waren, setzten wir uns am Rand des Spielfeldes nieder und warteten auf die Kinder. Es dauerte nicht lange, da kam eine Frau mittleren Alters den Berg hoch und setzte sich eine Weile zu uns. Und was sie uns dann so lebhaft erzählte, liess mein Adrenalin kurzfristig ansteigen: Dieses Gebäude ist ein Treffpunkt für die Jucus, die Räuber. Regelmässig trifft sich hier eine Gruppe junger Männer, konsumiert Drogen und macht sich dann auf den Weg zum Stehlen. Hauptsächlich Mineral, und wenn sich die Gelegenheit ergibt auch Werkzeuge aus den umliegenden Minen. Treffen sie auf Personen, so werden auch diese kurzerhand bedroht und ausgeraubt. Smartphones werden angeblich sehr gerne gestohlen. Gerade erst am Vorabend traf sich die Gruppe hier und ging auf Raubzug, laut der Frau. 

Super! Da hatten wir uns ja echt den perfekten Ort ausgesucht! Ich überlegte mir ernsthaft, was ich mit all meinen Sachen machen sollte, falls die Jucus kommen würden. Vor allem mit dem Smartphone; all meine Fotos waren dort drauf! Und viele neue Telefonnummern. Sollte ich es in einer der vielen Taschen verstecken? Oder auf einen der hochgelegenen Fenstersims legen und hoffen, dass die Jucus es dort nicht finden? Oder erst schauen wie körperlich mobil sie noch sind und ob man entkommen kann? Oder einfach rausrücken? Ich entschied mich definitiv für die letzte Option.

Den anderen beiden erging es wohl ähnlich und Nancy hätte am liebsten sofort alles zusammengepackt und wäre gegangen. 

Nachdem die Fähigkeit zum einigermassen klar Denken wieder zurückgekommen war, wollte ich wissen, wann die Jucus jeweils kommen würden und es stellte sich heraus, dass sie sich in der Regel erst so gegen 17 oder 18 Uhr treffen würden. Bis dahin würden wir fertig sein mit dem Programm. Also war alles halb so wild. 

„Und ausserdem, wenn sie am Vortag hier waren, werden sie wohl kaum am Tag darauf nochmals kommen!“, damit schaffte ich es Nancy zu beruhigen… und hoffte selber, dass ich recht hatte.

Das Kinderprogramm fand dann auch ohne Probleme und Jucus statt.

Wenigstens die Hälfte des Sportplatzes räumten wir auf:-)

Basketball auf 4000m.ü.M hat es in sich…

Anschliessend begleiteten wir ein paar der Kinder nach Hause, da sie Angst vor den Hunden hatten, was ich auch gut verstehen konnte. Mit denen ist wirklich nicht zu Spassen. 

Kurz vor einer Kurve blieb das 4-jährige Mädchen plötzlich stehen und wollte nicht so recht weitergehen. Wir wurden nicht wirklich schlau aus ihren Worten, bis uns ihre ältere Schwester erzählte was hier geschehen war. Vor ein paar Tagen wurden genau hier auf der Strasse die Leichen von zwei jungen Frauen gefunden. Angeblich wollten die beiden ihren Onkel weiter oben besuchen. Der Besuch endete damit, dass sie von ihrem betrunkenen Onkel oder Verwandten/Bekannten vergewaltigt und anschliessend über die Felsen hinabgeworfen wurden und auf der Strasse landeten. 

Sie erzählte das alles in einem so nüchternen und  sachlichen Ton, dass es den Anschein machte, als ob solche Vorkommnisse hier „gang und gäb“ seien. Aber andererseits würde es mich auch nicht mehr überraschen, wenn sie es wirklich sind.

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