Ist das etwas Gutes oder Schlechtes? Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was das sein sollte, aber nachdem ich mir die Informationsstücke von mehreren Leuten zusammengesetzt hatte, wusste ich einigermassen Bescheid.

„Kermes“ ist DIE Art und Weise, wie die Leute hier Geld für einen bestimmten Zweck sammeln, z.B. um die Arztrechnung zu bezahlen, Geld für eine dringend benötigte Operation zu bekommen, Anwaltskosten zu begleichen, etc. In der Regel ist der Grund irgend etwas soziales und dringliches. Also nicht einfach nach dem Motto „ich möchte ein neues Haus/Auto, also mache ich eine Kermes.“ 

Die Organisatoren oder Teams kochen und verkaufen ein Gericht für eine bestimmte Anzahl Leute und der Erlös kommt dann dem zuvor angekündigten Zweck/Person zugute.

Das Interessante daran ist, dass es auch meistens funktioniert und das Geld zusammenkommt. Die einzelnen Leute haben zwar nicht viel, aber wenn sie alle zusammenhalten, dann staune ich immer wieder, was sie zustande bringen. Irgendwie ein ziemlich cooles System, oder?

Allinta Ruwana ist gerade im Begriff, die Klinik, sprich das Gebäude und alles was sich darin befindet, auf den Namen Allinta Ruwana überschreiben zu lassen und die Papiere in Ordnung zu halten resp. zu erneuern. Da die Anwaltskosten dafür ziemlich hoch sind, wurde also eine „Kermes“ organisiert… und ich hatte das Privileg, alles mehr oder weniger „von aussen“ beobachten und miterleben zu können. Und ja, es sei Dir jetzt schon verraten: Es hat mich als Schweizerin doch ein paar Nerven gekostet, aber es waren gut investierte Nerven:-)

Es gab 2 Teams, welche je ein typisches Gericht für 100 Personen kochten. Jedes Team bestand aus ca. 5-6 Vereinsmitglieder/Personen. Nach langem Hin und Her und ein paar Sitzungen hatte sich dann jede Gruppe mal für ein Gericht entschieden. Dann ging es weiter mit: „Wer bereitet welchen Teil des Gerichtes zu?“ Nach mehreren Tagen war auch das entschieden und ich fragte mich, wie der Rest werden würde, wenn bereits für solche einfachen, kleinen Dinge soviel Zeit und Gespräche nötig waren?? 

Wir hatten also insgesamt 200 Mahlzeiten, welche verkauft werden mussten. 

Meine Arbeitskollegin kreierte je 100 kleine Zettelchen für jedes Gericht und ich half ihr beim Ausschneiden und Sortieren (damit es ein bisschen vorwärts ging). Alles wurde kleinlichst durchnummeriert und irgendwie in mehreren Listen eingetragen, was für mich persönlich nicht so viel Sinn ergab und die Sache eher verkomplizierte.

Als wir fast fertig waren, schlug sich meine Kollegin mit der flachen Hand an den Kopf und meinte, wir hätten beim Verteilen der kleinen Zettelchen einen Fehler gemacht und müssten nochmals von ganz vorne anfangen. Was??? Alles nochmals von vorne? Ohne mich! Dafür hatte ich ehrlich gesagt weder Lust noch Nerven. Kurzerhand nahm ich die Listen selber in die Hand und fand auch schnell heraus, wo der Fehler lag. Ein simpler Rechnungsfehler, der sich im Handumdrehen korrigieren liess. Alles war wieder in Ordnung und mein Abend gerettet! 

Nach dieser Zettel-schneid-und sortier-Aktion (welche fast einen Tag dauerte!!! Ich übertreibe nicht!)  erhielt jedes Vereinsmitglied eine bestimmte Anzahl dieser Zettelchen und musste diese dann unter Freunden, Familien oder sonstigen Bekannten im Vorfeld verkaufen. Am eigentlichen „Kermes-Tag“ konnten die Leute dann mit ihren Zettelchen das Essen abholen.

Und dann kam er. Dieser „Kermes“-Tag. 

Oh man, ich sage dir: Es war (für schweizer Verhältnisse!) so ein Chaos und Durcheinander, dass es bereits wieder sehr „geordnet“ wirkte. 

Es schien auch niemand zu wissen, was die anderen gerade machten. Absprache gleich null. Nicht mal in der eigenen Kochgruppe. 

Zum Glück hatte ich keine feste Aufgabe und Verantwortung und sprang einfach ein, wo es gerade nötig war oder etwas fehlte, z.B. Tische vom ersten Stock runterholen, noch schnell was einkaufen gehen, die gekochten Kartoffeln bei jemandem abholen, Geschirr und Besteck organisieren, etc.

Das alles hatte zur Folge, dass ich irgendwann mehr oder weniger wusste, wer was wo hingestellt hatte oder wohin gegangen war und ich somit zeitweise auch als „Auskunft“ tätig war.

Bei all dem Jubel und Trubel sah ich auch immer wieder die ungekochten Ocas, welche in der kleinen Aufenthaltsküche lagen. Anscheinend wurden diese kartoffelähnlichen Knollen genau abgezählt (3 pro Teller) und der Rest blieb einfach ungekocht liegen. Also ich hätte die gleich mitgekocht, dann hätte ich sicher genug gehabt….. aber gäll: Hier trifft mal wieder Schweiz auf Bolivien.

Was ich schon ein bisschen geahnt hatte, traf dann auch tatsächlich ein. Plötzlich stand jemand vor mir und meinte: „Regina, leihst du uns bitte deinen Backofen? Wir müssen die restlichen Ocas noch kochen.“

Die eigentliche Aussage war allerdings: „Regina, kannst du bitte die restlichen Ocas kochen?“ Das war mir schon klar. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie die zubereitet wurden. Also schnappte ich mir jemanden, drückte ihr die Ocas in die Hand und bat sie, mir zu zeigen, wie man es macht. 

Eigentlich ganz simpel: Ocas aufs Backblech, Öl darüber und in den Ofen. Temperatur scheint egal zu sein. 

Auf die Frage, wie lange die denn im Ofen bleiben müssen, bekam ich zur Antwort: „Bis sie gut sind“. Ok, nicht sehr hilfreich.

Die nächste meinte: „So ca. 20 Minuten. Vielleicht.“

Zur Sicherheit fragte ich noch eine weitere Person und bekam zu hören: „Mindestens 1 Stunde!“

Super, und jetzt? Ich holte tief Luft und entschied mich für folgende Strategie:

  • 1. Nicht verbrennen lassen
  • 2. Einfach warten bis sie weich sind

Es dauerte eine knappe Stunde bis sie weich waren und wie sich herausstellte, war es richtig so. Glück gehabt!

Am späten Nachmittag war dann alles vorbei und wir alle erledigt.

Es war in der Tat eine wertvolle und auch lustige Erfahrung. Und ein bisschen freue ich mich auch bereits auf den nächsten „Kermes-Tag“ im 2024. Ich weiss ja jetzt, was auf mich zukommt;-)

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