Die Advents- und Weihnachtszeit in Potosí war… speziell. 

Die Tatsache, dass es hier ja Frühling war und somit tagsüber ziemlich heiss wurde, trug nicht gerade dazu bei, dass Weihnachtsstimmung aufkam. Als wir dann aber die Klinik dekorierten (im Ami-Stil!) änderte sich das und ich verbrachte meine Arbeitstage im Dezember und Januar in der „American Christmas Box“, wie jemand sehr treffend sagte!

Zwar gab es in der Adventszeit einen „Weihnachtsmarkt“, aber auf dem fand man eigentlich nur Lichterketten, künstliche Tannenbäume und und ein paar weitere künstliche Lichter/Kerzen. Und so ziemlich alle Stände verkauften in etwa dasselbe.

Dann gibt es hier noch die kleinen Geschäfte, die Restbestände aus dem Ausland oder gebrauchte Sachen verkaufen. So eine Art Secondhand/Brocki-Laden, in dem sich das Sortiment auch immer wieder ändert. Mit etwas Glück konnte man dort etwas Brauchbares finden. Aber die Chancen waren klein und wenn man fündig wurde, dann hatte es garantiert nur ein Artikel derselben Art. 

Diejenigen Leute, die ihre Fenster oder Türen dekorierten, schienen einfach alles was sie gekauft hatten, aufgehängt zu haben. Das ergab dann ein lustiges Kunterbunt an Lichter und Dekoration. Die meisten Häuser hatten allerdings keine Dekoration. Einerseits weil Weihnachten hier nicht so „wichtig“ ist und andererseits wohl aus finanziellen Gründen.

In Potosí ist nur der 25. Dezember ein Feiertag, alles andere sind normale Arbeitstage. Da gleichzeitig auch die grossen Schulferien waren, waren viele Leute verreist.

Grundsätzlich ist Weihnachten einfach ein freier Tag, den man mit der Familie verbringt und das typische Gericht „Picana“ isst.

Immer wieder fiel mir die (An-)Spannung auf, die unter den Christen diesbezüglich herrschte. Sehr viele betrachten es als heidnisches Fest, von dem man sich fern halten sollte. Auch keine Dekoration. Das allerschlimmste scheint der Tannenbaum zu sein! Das war für viele ein „No-go“.

Auch Kerzen oder allgemein Bilder mit einer Lichtquelle darauf, oder Sterne werden von vielen gemieden, weil es heidnische Symbole sein sollen.

Auf die Frage warum das so ist, habe ich unterschiedliche Antworten bekommen: „Das Fest kommt aus dem Heidentum und ist vom Teufel. Jesus ist ja nicht im Dezember geboren.“ „Wir haben das schon immer so gemacht.“ „Die Gemeinde/der Pastor verbietet es.“

Diejenigen, die es eigentlich nicht so streng sahen, drückten sich sehr vorsichtig und vage aus oder äusserten sich lieber erst gar nicht dazu. 

Für viele andere Leute, ist es einfach ein freier Tag an dem natürlich der Alkohol auch nicht fehlen darf. Ich glaube, ich habe noch nie im Leben so viele Betrunkene auf der Strasse gesehen und das schon um 19Uhr!

Auch an Neujahr fliesst der Alkohol reichlich und obwohl viele Leute bis spät in die Nacht auf den Strassen unterwegs waren, so war es doch nicht ganz ungefährlich.

Traditionell werden um Mitternacht 12 Trauben gegessen. 

Eine andere Tradition ist das Tragen von gelber oder roter Unterwäsche. In der Woche vor Neujahr kann man diese fast überall kaufen und zieht sie dann in der Neujahrsnacht an. Will man im neuen Jahr die grosse Liebe oder einen Partner finden, zieht man die rote an. Wenn man reich werden will, wählt man die gelbe:-)

Feuerwerk gab es auch, ja. Aber nur in bescheidenem Ausmass.

Der 1. Januar ist offizieller Feiertag (für viele wohl eher ein Ausnüchterungstag;-)) und die Büros sind geschlossen, der Markt allerdings nicht. Am 2. Januar ist der Alltag wieder in vollem Gang.

Und dieser 2. Januar hatte meine Geduld bereits ganz schön auf die Probe gestellt und meine bolivianischen Mitarbeiter bekamen eine kleine Kostprobe von „schweizer Temperament und Effizienz“.

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